Ich bin ein Kind der Siebzigerjahre. Im Wortsinn. Als Rainer Langhans und Uschi Obermaier in ihrer Münchner Kommune die sexuelle Freiheit propagierten, war ich noch nicht einmal ein Teenager. Aber ich hatte zwei ältere Geschwister, die mir die Seventies in allen Variationen geradewegs nach Hause lieferten. So hörte ich früh Jimi Hendrix, James Brown und The Clash, wusste, was Joints sind und wie die Pille wirkt. Ich begann bald zu verstehen, was Freiheit in jeder Form bedeuten sollte.
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Und Jimmy ging zum Regenbogen. „Es war das Jahrzehnt von Nixon und von Watergate, der Geiselnahme von München, des Endes des Vietnamkrieges, der RAF, Zwentendorfs, der islamischen Revolution“, wie Walter Gröbchen in seiner Coverstory dieser Ausgabe so brillant beschreibt. Die Friedensbewegung entstand, Christiane F.s Leben wurde erzählt, das MAD-Magazin eroberte den Kiosk. Steve Jobs gründete Apple, Bill Gates Microsoft. Der erste „Tatort“ wurde gedreht, „Der Pate“, „Star Wars“, „Apocalypse Now“. Es war das Jahrzehnt der großen Freiheit. Die Pille wurde das meistverwendete Verhütungsmittel. Erstmals beschrieb der Hite-Report das sexuelle Erleben der Frau. Buchheim schrieb „Das Boot“, Johannes Mario Simmel „Und Jimmy ging zum Regenbogen“. Dafür, dass dieses Jahrzehnt ziemlich exakt ein halbes Jahrhundert zurückliegt, wirkt es noch ziemlich frisch. Wir widmen dieser prägenden Epoche eine über 20-seitige Strecke in dieser CALL-Ausgabe (ab Seite 28).

Robert Fripp & Vera Brandes. Chefredakteur Georg Kindel hat dafür mit zwei Protagonisten der 70er gesprochen: Robert Fripp und Vera Brandes. Fripp, einer der „größten Gitarristen aller Zeiten“ („Rolling Stone“), Gründer von King Crimson, prägte als Musiker den Sound der Siebzigerjahre – bis heute. Sein virtuoses und revolutionäres Gitarrenspiel ist auf über 700 Alben – von Peter Gabriel, Talking Heads bis Blondie – zu hören. David Bowies Jahrhunderthit „Heroes“ wäre ohne Fripps markanten Gitarrensound nicht denkbar. Für CALL lässt er ab Seite 40 das Jahrzehnt Revue passieren. Vera Brandes’ Leben wird derzeit auf der Kinoleinwand gefeiert: Der Film „Köln 75“, bei der Berlinale euphorisch bejubelt, beschreibt die abenteuerliche Geschichte, wie die damals 18-Jährige den grandiosen Pianisten Keith Jarrett zum legendären Köln Concert überredete, das mit vier Millionen verkauften Alben in die Musikgeschichte einging. Wie Brandes wirklich war und warum Jarrett, der ihr den größten Erfolg seiner Karriere verdankt, bis heute nicht mit ihr spricht, erzählt sie ab Seite 34. Schließlich schildert Alfons Haider, Intendant der Seefestspiele Mörbisch, der für seinen Seventies-Hit „Saturday Night Fever“ diesen Sommer bereits 125.000 Tickets verkauft hat, ab Seite 46, wie er die 70er-Jahre im sonst tristen Wien erlebte – und warum die Faszination bis heute ungebrochen ist.

Comeback der Popkulturikone. Ebenfalls empfehlenswert: Die beiden Interviews von CALL-Korrespondentin Elisabeth Sereda mit den Hollywoodstars Billy Bob Thornton (ab Seite 72) und Pamela Anderson (ab Seite 48), deren Verwandlung von der skandalisierten Popkulturikone der 1990er-Jahre zum Vorbild für Millionen Frauen außerordentlich ist.

Bleiben Sie inspiriert! Und hören Sie auf Ihren Inner Call.
Herzlichst
Ihre
Christina Zappella-Kindel
Herausgeberin CALL
publisher@call-magazine.com
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Coverfoto: Pandora